Mein Erfahrungsbericht über das duale Studium beim Finanzamt

Duales StudiumDuales Studium

Welchen Schulabschluss hast du gemacht und was hast du danach gemacht?

Im Anschluss an mein Abitur habe ich das dreijährige duale Studium zur Diplom-Finanzwirtin (FH) in der niedersächsischen Steuerverwaltung begonnen. Der fachtheoretische Teil von insgesamt 21 Monaten hat blockweise an der Steuerakademie Niedersachsen stattgefunden, während der praktische Teil von 15 Monaten in den verschiedenen Dienststellen des Finanzamts absolviert wurde. Nach Abschluss meines Studiums habe ich für ca. ein Jahr in der Erhebungsstelle eines niedersächsischen Finanzamts gearbeitet und bin nun seit ca. einem Jahr in der Steuerabteilung des Niedersächsischen Finanzministeriums tätig.

 

Wieso hast du dich für deinen Studiengang/Ausbildung/Beruf entschieden?

Das Thema „Steuerrecht und Steuerpolitik“ – auch in Verbindung mit Verwaltung – hat tatsächlich schon recht früh mein Interesse geweckt, da es ein wichtiges gesellschaftliches und politisches Thema und ein Teil der Rechtswissenschaften ist. Von einem Jurastudium, das ich auch in Erwägung gezogen hatte, war ich wegen der Dauer der Studienzeit, der höheren Durchfallquote und der Frage nach dem „Danach“ abgeschreckt.

Später haben für mich auch die Vorzüge des Beamtenstatus (Krisensicherheit, Familienfreundlichkeit, beitragsfreie Altersvorsorge, etc.) sowie das aus damaliger Sicht hohe Ausbildungs-Gehalt eine nicht zu vernachlässigende Rolle gespielt.

 

Welche Fähigkeiten sind für dein Studium/Ausbildung/Beruf besonders wichtig?

Für den Beruf sind natürlich grundlegende Eigenschaften wie Teamfähigkeit, Kommunikationsvermögen und ein gewisses Verantwortungsgefühl essentiell. Zusätzlich sollte man ein gutes wirtschaftliches Verständnis, Verhandlungsgeschick und Freude am Umgang mit Menschen mitbringen. Für den fachtheoretischen Teil des Studiums sind Interesse, Belastbarkeit und Ehrgeiz wichtig (wie in jedem Studiengang).

 

Wie sieht der Alltag in deinem Studium/Ausbildung/Beruf aus?

Der Studienalltag besteht aus einem meist sechsstündigen Unterricht am Vormittag, der aus Fächern wie Einkommensteuer-, Umsatzsteuer- und Bilanzsteuerrecht, dem internationalen Steuerrecht und der Besteuerung von Gesellschaften besteht. Dazu kommen das allgemeine Verfahrensrecht und verschiedene Fächer zum Privat- und Öffentlichen Recht sowie Wirtschaftswissenschaften, Informatik und Soft-Skill-Fächer.

Die Studierenden sind in Hörsäle á 20 – 25 Personen aufgeteilt. Durch den festen Klassenverband und die gleichbleibenden Dozent*innen ähnelt der Unterricht eher dem Schulunterricht als einer klassischen Vorlesung an der Uni. Der Vorteil daran ist, dass während des Unterrichts aktiv mitgearbeitet wird und Fragen gestellt werden können. Um die nachmittägliche Nachbereitung kommt man allerdings nicht herum. Dennoch bleibt in der Regel genügend Zeit für die Freizeitgestaltung mit anderen Studierenden übrig.

Der Alltag im späteren Beruf unterscheidet sich je nach Bereich sehr stark, weshalb ich eine kurze Beschreibung an dieser Stelle nicht liefern kann. Fest steht, dass in fast jedem Arbeitsbereich eigenverantwortlich gearbeitet wird und sich die Arbeitszeiten frei einteilen lassen. Kolleginnen und Kollegen sowie das Führungspersonal stehen dabei unterstützend zur Seite.

 

Was hat sich durch Corona verändert?

Der persönliche Kontakt zu den Steuerbürgern musste auf ein Minimum beschränkt werden, sodass Auskünfte seither ausschließlich telefonisch erteilt werden und der Außendienst (Betriebsprüfer*innen, Steuerfahnder*innen, Vollzugsbeamt*innen, etc.) nur eingeschränkt tätig werden können. Viele von ihnen wurden daher vorübergehend für den Dienst in den Gesundheitsämtern abgeordnet.

Mittelbar haben sich natürlich auch die Aufgaben und Arbeitsabläufe in den Finanzbehörden verändert, da durch die Corona-Steuerhilfegesetze einige Maßnahmen wie die Überbrückungshilfen, das Kurzarbeitergeld, die vorübergehende Absenkung des Umsatzsteuersatzes, die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht oder die Möglichkeit der Finanzämter, umfangreiche Steuerstundungen vorzunehmen, beschlossen wurden, die auch durch die Finanzbehörden umgesetzt werden müssen/mussten.

Insgesamt hat sich die Tätigkeit in der Verwaltung aber auch in der Coronakrise als krisenfester Arbeitsplatz sehr bewährt. In den Behörden wurde einzelnen Bediensteten die Möglichkeit zum mobilen Arbeiten von zu Hause aus ermöglicht. Den Umfang dessen würde ich jedoch als sehr ausbaufähig beschreiben.

 

Was hat dich an deinem Studium/Ausbildung/Beruf am meisten überrascht? (positiv und negativ)

Am meisten überrascht haben mich die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten, die die Finanzverwaltung zu bieten hat. Es gibt weitaus mehr als den einen/die eine Sachbearbeiter/in, der/die Steuererklärungen bearbeitet. Um ein paar Beispiele zu nennen: Verschiedenste Bereiche im Innendienst, Betriebsprüfung, Steuerfahndung, IT-Bereich, übergeordnete Behörden, Dozent*innentätigkeiten, Mitarbeit an verschiedensten Projekten u. v. m.

Ich habe jedoch auch festgestellt, dass der theoretische Teil des Studiums nicht zu unterschätzen ist und über die gesamten drei Jahre definitiv meine volle Hingabe gefordert hat. Im Anschluss hat man dafür aber einen recht angesehenen Abschluss auf Bachelor-Niveau. Hin und wieder kommt es daher vor, dass Absolvent*innen in die freie Wirtschaft abwandern, noch weiter studieren oder die Steuerberaterprüfung ablegen. Auch unabhängig von der (teilweisen) Rückzahlung der Studiengebühren, die bei einem Abgang in den ersten fünf Jahren nach Abschluss des Studiums geleistet werden muss, sollte ein Ausstieg auf der Finanzverwaltung jedoch wohl überlegt sein, da man hiermit auch die Privilegien der Verbeamtung aufgibt.

Studienort/Ausbildungsstätte

Steuerakademie Niedersachsen, Rinteln bzw. Finanzamt

 

Was ist an deinem Studienort/ deiner Ausbildungsstätte besonders?

Den Studienort Rinteln würde ich als wenig spektakulär beschreiben, da es sich um eine Kleinstadt im Weserbergland handelt, die außer ihrer schönen Lage an der Weser und einigen Bars und Restaurants keine allzu großen Besonderheiten zu bieten hat. Wenn man sich auf dieses Studium einlässt, sollte man nicht unbedingt ein typisches Studentenleben in einer Großstadt mit vielen Studenten und allzu vielen Partys erwarten. Einen großen Teil seiner „Freizeit“ muss man „leider“ tatsächlich mit dem Lernen verbringen. Das soll aber nicht heißen, dass man nicht zusammen Spaß haben, feiern oder auf Studienfahrt fahren kann, denn das ist definitiv auch der Fall. Hier entstehen Freundschaften für ein Leben. Ein Studentenheim gibt es übrigens nicht, sodass man sich eigenverantwortlich eine Wohnung oder eine WG suchen muss, jedoch ist die Steuerakademie bei der Wohnungssuche behilflich.

 

Welche Erfahrungen möchtest du sonst noch gerne weitergeben?

Steuerverwaltung, Steuerrecht und Steuerpolitik ist für viele der Inbegriff eines trockenen und komplizierten Rechtsgebietes. Dabei sind Steuern die Haupteinnahmequelle moderner Staaten, die ihnen ermöglicht Aufgaben zu übernehmen, die der Allgemeinheit dienen. Neben Schulen, Krankenhäusern, Infrastruktur und bezahlbarem Wohnraum gehört auch die Stabilisierung der Märkte, wie es jetzt in der Coronakrise wieder sichtbar wurde, dazu. Gesellschaftliche Entwicklungen werden durch Steuern gefördert oder gebremst, in dem durch steuerliche Begünstigungen Anreize für ein bestimmtes Verhalten gesetzt werden. Das alles sind ziemlich wichtige Aufgaben, die meinem Berufsalltag den nötigen Sinn verleihen.

 

Kannst du das Studium/Ausbildung/Beruf weiterempfehlen?

Allen, die nach diesem Erfahrungsbericht noch interessiert sind, kann ich das Studium und den Beruf auf jeden Fall weiterempfehlen! 🙂

 

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